Minderheitsvotum: Polizeikosten sind nicht Sache der Vereine!

Das Bundesverwaltungsgericht wird diese Woche entscheiden, ob Profiklubs die Kosten für Polizeieinsätze rund um Fußballspiele übernehmen müssen. Aus ökonomischer Sicht drängt sich ein schnelles Urteil auf: Im Sinne des Verursacherprinzips müssen die Klubs zahlen, weil sie als kommerzielle Veranstalter den Grund für die Polizeieinsätze liefern. Genauso wie Veranstalter von Tennisturnieren oder Großkonzerten die Kosten für die Gewährleistung der Sicherheit tragen, müssten dies auch die Klubs aus dem millionenschweren Fußballgeschäft. Die Mehrheit der Ökonomen dürfte dieses Fazit bedenkenlos unterschreiben.

Ganz so einfach ist es aber leider nicht. Es gibt gute Gründe, die Kosten der steuerfinanzierten Polizeieinsätze nicht auf die Fußballklubs oder –verbände umzulegen.

  1. Die Aufgabenteilung zwischen den (von den Klubs bezahlten) privaten Sicherheitsdiensten und der (vom Steuerzahler finanzierten) Polizei zeigt: Die Polizei leistet nur das, wofür private Sicherheitsdienste gar keine Befugnis haben. In den Stadien sorgen hauptsächlich private Ordnungsdienste für einen reibungslosen Ablauf. Dem Vernehmen nach geben die Klubs der ersten und zweiten Liga für die Sicherheit in den Stadien rund 30 Millionen Euro pro Jahr aus. Die Polizei ist darüberhinaus nur deshalb nötig, weil es potentielle Gefährdungslagen gibt, die nur mit Polizeigewalt zu bewältigen sind. Gewalttätige Hooligans können weder im Stadion noch außerhalb durch private Ordner unter Kontrolle gebracht werden.
  2. Gewalt rund um die Fußballspiele hat manches Mal unmittelbar mit dem jeweiligen Spiel zu tun, manches Mal wird der Fußball aber nur als Bühne genutzt. Gäbe es keinen Fußball, würden sich die Schläger wohl eine andere Bühne suchen. Die Lust auf sinnlose Gewalt kann man jedenfalls nicht dem Fußball allein anlasten, ein Teil ist schlichtweg ein gesellschaftliches Phänomen. Das Verursacherprinzip müsste bei der Kostenaufteilung also differenzieren: zwischen Gewalt, die ausschließlich und eindeutig fußballinduziert ist und solcher Gewalt, die eher gesamtgesellschaftlicher Natur ist und lediglich im Fußballumfeld ausgetragen wird. Wie soll eine solche Aufteilung sinnvoll erfolgen?
  3. Das Argument mag weniger abstrakt erscheinen, wenn man die gestiegene Gefahr terroristischer Anschläge ins Visier nimmt: Hier sind es ganz klar keine Fußballfans, sondern Terroristen, die den Fußball aufgrund seiner immensen Popularität als ideale Bühne für ihren Terror sehen. Der Anschlag in Paris beim Länderspiel Frankreich gegen Deutschland und das kurz darauf wegen Terrorgefahr abgesagte Länderspiel in Hannover sind die offensichtlichsten Beispiele. Aber auch bei Bundesligaspielen war in der Zeit danach deutlich mehr Polizeipräsenz nötig.
  4. Der Vergleich mit anderen Veranstaltungen, die von der Polizei gesichert werden müssen, drängt sich auf. Demonstrationen oder Volksfeste, bei denen sich alkoholisierte Gruppen regelmäßig Massenschlägereien liefern, müssten dann ebenfalls an den Einsatzkosten der Polizei beteiligt werden. Dass die Kosten wohl geringer als beim Fußball ausfallen, darf dabei im Sinne der Gleichbehandlung keine Rolle spielen.

Deshalb das Minderheitsvotum: Lasst die Fußballklubs weiter Steuern zahlen und die Polizei – steuerfinanziert – dort für Sicherheit sorgen, wo die Klubs an eigene Grenzen stoßen.

Ursprünglicher Beitrag zum Thema: Profifußball: Die Kosten der Sicherheit