In eigener Sache

Schluss, aus und vorbei. Die „schönste Nebensache der Welt“ hat ausgedient.

Aus der einst schönsten Nebensache muss wohl eine Hauptsache geworden sein, denn der Fußball wird von allen Seiten schamlos instrumentalisiert. Zudem: Schön – im Sinne von unbeschwert – ist der Fußball schon lange nicht mehr. Es geht kaum noch um den eigentlich fantastischen Sport. Es geht nicht mehr um unbeschwerte Unterhaltung der Fans. Es geht nicht mehr um Ablenkung von den Problemen des Alltags. Nein, seit Jahren scheint die Absicht vieler gesellschaftlicher Akteure zu sein, ihre wirtschaftlichen und (gesellschafts-) politischen Anliegen mit Hilfe des Fußballs ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu drücken. Der Fußball wird überfrachtet. Er lenkt nicht mehr von den Problemen des Alltags ab, er ist selbst zum Problem geworden.

Für mich persönlich ist nun der Gipfel der Absurdität erreicht: Im Anschluss an das erste WM-Spiel der deutschen Nationalelf in Katar vermelden Nachrichtensendungen zuerst die Gesten der Spieler beim Mannschaftsfoto, anschließend die symbolträchtige Armbinde einer im Stadion anwesenden Bundesministerin, um schließlich beiläufig zu erwähnen, dass die deutsche Elf das Auftaktspiel gegen Japan mit 1:2 verloren hat. Deutlicher kann die Verschiebung der Prioritäten nicht sein…

Auf diesem Gipfel der Absurdität nehme ich nun endgültig Abschied vom Fußball. In den vergangenen 25 Jahren habe ich mich in unterschiedlicher Intensität mit sportökonomischen Fragen rund um den Fußball beschäftigt. In dieser Zeit habe ich an diversen Studien mitgewirkt, habe Fachaufsätze veröffentlicht, Kolumnen geschrieben, Vorträge gehalten und insgesamt sechs Konferenzen zur Fußballökonomie veranstaltet. Damit ist nun Schluss. Allein diese Website wird weiter online bleiben. Auch wenn ich selbst keine eigenen Beiträge mehr beisteuern werde, werden voraussichtlich von Zeit zu Zeit Gastbeiträge erscheinen.

Mein Ziel als Sportökonom – der zuallererst immer Fan geblieben war – war stets, wirtschaftliche Prinzipien für den Fußball nutzbar zu machen und sie so in den Dienst des Fußballs zu stellen. Es war mir aber immer ein Graus zu sehen, wie der Fußball zunehmend umgestaltet wurde, sodass er nicht mehr den Interessen der ursprünglichen Fans dient, sondern primär den (finanziellen) Interessen von Funktionären und sonstigen „Stakeholdern“. Das künstliche Aufpumpen der europäischen Wettbewerbe und die Erfindung von Wettbewerben wie der „UEFA Nations League“ sind nur zwei Beispiele. Vor 25 Jahren habe ich mir nicht vorstellen können, welches Ausmaß Partikularinteressen, Kommerz und politische Instrumentalisierung annehmen würden – und in welch grotesker Weise sich der Fußball von seinen Wurzeln entfernt. Genug ist genug.

Interessierte Medienvertreter können sich gern weiter bei mir melden. Ich stelle bei Bedarf den Kontakt zu aktiven Sportökonomen her, stehe selbst aber nur noch für alle Themen rund um die Finanzmärkte und die Wirtschaftspolitik zur Verfügung.

Jörn Quitzau, 25.11.2022

joern.quitzau@fussball-oekonomie.de